Montag, 1. Februar 2016

Anfälle

Ich habe jegliche Form von Anfällen. Jackpot!

Generalisiert tonisch-klonische Anfälle, auch als Grand Mal oder kurz GM bekannt, klonische Anfälle, komplex fokale Anfälle und einfach fokale Anfälle.
Ich kann also aus einem recht umfangreichen Repertoire schöpfen. Wenn man es so nennen mag ☺ Welch Glück.... *Ironie aus!*

Im günstigsten Fall habe ich mal zwei bis drei Tage keinen Anfall. Im ungünstigsten Fall bis zu drei Anfälle am Tag.
Ich scheine irgendwie, ohne es bemerkt zu haben, ein Dauerabo für Anfälle inklusive Flatrate abgeschlossen zu haben. Leider weiss ich nur nicht so genau wo und auch nicht, wie ich es stornieren kann. Mist! Man sollte eben immer das Kleingedruckte lesen ;)

Manchmal wenn wir, meine Freundin und ich, wie jeden Monat brav im Wartebereich der Klinik unseres Vertrauens sitzen, bekommt man, zwar meist ungewollt aber leider unvermeidbar weil zwangsläufig mit, wie andere Patienten über ihre Krankheiten im Besonderen und ihre Epilepsie im Speziellen sprechen. Wenn sie dann ihre Anfallskalender auspacken und ihre fünf Anfälle im Jahr dramatisieren und darüber murren, kann ich nur staunen und mich wundern.

Fünf Anfälle im Jahr!? Schön wärs!
Natürlich ist jeder einzelne Anfall zuviel. Gar keine Frage. Epilepsie ist einfach grosser Käse.
Aber mal ehrlich! Letztendlich ist doch alles relativ. Und natürlich auch eine Frage der Perspektive.
Ich würde fünf Anfälle im Jahr wahrscheinlich auch als Katastrophe empfinden, hätte ich sie aus dem Nichts heraus plötzlich bekommen.
Ich habe jedoch von jetzt auf gleich nicht fünf Anfälle im Jahr oder fünf im Monat sondern durchschnittlich 25 im Monat. Was soll ich jetzt also sagen, wenn mir einer von seinem grossen Anfall im letzten Jahr vorjammert, der so schlimm war. Ganz davon abgesehen, dass er davon selbst ja wahrscheinlich noch nicht mal viel mitbekommen hat...

Also zumindest ich bekomme meine Grand Mals selbst meist nicht mit. Gottseidank. Ich merke allerdings, auch gottseidank, dass ich einen Anfall bekomme. So habe ich immer, oder zumindest meistens, noch schnell die Möglichkeit, mich aus Gefahrenzonen wegzubewegen oder mich zumindest schnell noch irgendwo hinzusetzen. Das hilft wenigstens ein klein wenig die Verletzungsgefahr zu reduzieren.
Ich habe aber leider auch immer mal wieder grosse Anfälle, bei denen ich quasi live dabei sein darf. Mit angeknipstem Bewusstsein. Schrecklich kann ich da nur sagen. Mitzubekommen, wie man plötzlich nicht mehr Herr seines Körpers oder seiner Sinne sein darf, wie man keine Luft mehr bekommt weil man einfach nicht mehr atmen kann, wie man merkt dass einem die Spucke Eimerweise aufs Hemd tropft und man nichts machen kann ist ehrlich gesagt ein Horrortrip.
Aber was soll ich tun. So ist es eben.

Die "kleinen" Anfälle sind allerdings auch nicht viel besser. Zwar bin ich dann nicht gleich für Stunden ausser Gefecht gesetzt, man kann sich jedoch vorstellen dass es genauso wenig witzig ist, wenn man in stinknormalen nicht mal wirklich aufregenden Situationen von seinem eigenen Hirn plötzlich quasi ins "Abseits" geschossen wird. Eigentlich sollte ich selbst doch Chef über mein Hirn sein. Pustekuchen!
Nur für den Fall dass jemand fragen will... Ein freier Wille existiert nicht. Kann ich eindeutig belegen! Zumindest nicht wenn es um epileptische Anfälle geht!

Ich habe also Epilepsie. Ohne Vorerkrankung, ohne Vorzeichen, ohne Zutun, ohne familiäre Konstellation, ohne Grund, ohne Nachweis jeglicher Schädigung und das nicht mal von Geburt an sondern plötzlich einfach so. Nach einer Gehirnentzündung. Die allerdings offensichtlich keinen optisch oder zumindest auffindbaren bzw. nachweisbaren Schaden hinterlassen hat. Toll!
Statistisch gesehen wahrscheinlich ein genauso häufig auftretendes Phänomen wie ein Lottogewinn. Wobei ich Letzteres eindeutig bevorzugen würde!

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